Halbjahresfinanzbericht 2020

HALBJAHRESLAGEBER I CHT 2 0 2 0  5 Bericht über den Geschäftsverlauf und die wirtschaftliche Lage Wirtschaftliche Rahmenbedingungen 2020 Weltwirtschaft Gegen Ende des Vorjahres deuteten einige Anzeichen da- rauf hin, dass hinsichtlich der Entwicklung der globalen Kon- junktur eine Bodenbildung zu beobachten wäre. Folglich erwarteten Expertinnen und Experten für 2020 ein stabiles aber rückläufiges Weltwirtschaftswachstum. Als sich schließlich das zunächst nur lokal in China aufgetretene CO- VID-19-Virus Anfang des Jahres zur globalen Pandemie ent- wickelte, wurden bis dahin getroffene Prognosen schlagartig obsolet. Die zur Eindämmung des Virus getroffenen massi- ven Einschränkungen des öffentlichen Lebens durch Aus- gangssperren, Schließung von Restaurants und diversen Geschäften einerseits sowie unterbrochene Handelsrouten und stillgelegte Fabriken andererseits, strapazierten das so- ziale und ökonomische Gefüge aller großen Wirtschafts- räume dieser Welt. In der Folge kam es zu einem Einbruch von Stimmungsindikatoren und einem explosionsartigen An- stieg der Arbeitslosenzahlen. Sowohl die Regierungen als auch die Notenbanken der wirtschaftsstärksten Nationen steuerten rasch mit enormen fiskal- und geldpolitischen Maßnahmen dagegen. Die Wachstumszahlen des ersten Quartals bestätigten die Notwendigkeit dieser unkonventio- nellen Schritte. Als die getroffenen Einschränkungen zur Ein- dämmung des Virus Wirkung zeigten, die Fallzahlen zurückgingen und erste Länder Lockerungen der Einschrän- kungen verkündeten, hellte sich das Stimmungsbild wieder auf. Trotz immer wieder aufkeimender Infektionsherde wei- sen erste Frühindikatoren auf eine Erholung der Wirtschaft in den wichtigsten Volkswirtschaften beginnend mit dem zweiten Halbjahr hin. In den USA hat der COVID-19-Ausbruch die längste wirt- schaftliche Expansion aller Zeiten zum Stillstand gebracht. Das Wirtschaftswachstum ging um 1,3 % im ersten Quartal zurück und erreichte mit –9,5 % im zweiten Quartal im Quar- talsvergleich einen neuen Negativrekord. Die Arbeitslosen- quote stieg sprunghaft von 3,5 % zu Jahresbeginn auf 14,7 % im April an, per Ende Juni lag sie schließlich bei 11,1 %. Über 20 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeit- nehmer verloren innerhalb eines Monats ihren Arbeitsplatz – schneller als während der Finanzkrise 2008 oder sogar der Weltwirtschaftskrise. Die Geld- und Finanzmarktpolitik rea- gierte entschieden und schnell auf die aufkommende Krise. Die US-Notenbank senkte die Leitzinsen auf 0 % bis 0,25 % und kündigte die Wiederaufnahme unbegrenzter Käufe von Vermögenswerten im großen Umfang an. Ebenso kam es zu einer Ausweitung der Fiskalpolitik, wodurch sich die Ver- schuldung um 20 % der Wirtschaftsleistung erhöhen sollte. Da der COVID-19-Ausbruch gegen Ende des vorigen Jahres in der chinesischen Provinz Hubei seinen Ursprung hatte, wurde im ersten Quartal insbesondere die chinesische Wirt- schaft schwer getroffen. Das Bruttoinlandsprodukt verrin- gerte sich um 6,8 % im Jahresvergleich. Durch die konsequente Sperre des betroffenen Gebiets wurde die Ausbreitung des Virus auf ganz China verhindert. Ab Mitte Februar konnten die gesetzten Maßnahmen schrittweise wieder gelockert werden, jedoch wirkte sich der weltweit zeitlich verschobene Ausbruch besonders auf die globalen Wertschöpfungsketten nachteilig aus und somit auch auf das exportorientierte China. Im zweiten Quartal legte das Bruttoinlandsprodukt im Quartalsvergleich dennoch um 11,5 % zu, wodurch sich im Jahresvergleich ein Wachstum von 3,2 % ergibt. Europa Die COVID-19-Pandemie hat auch die europäischen Länder hart getroffen. Nach einigen Einzelfällen in den ersten Wo- chen des Jahres stiegen die Ansteckungen Ende Februar in Norditalien stark an und kurz darauf in vielen anderen Län- dern des Euroraums, insbesondere in Belgien, Frankreich, Deutschland und Spanien. Trotz allgemein robuster Gesund- heitssysteme hatten einige Länder und Regionen zum Hö- hepunkt des Ausbruchs Kapazitätsengpässe in den Krankenhäusern, wobei die Belegung der Intensivstationen ein Allzeithoch erreichte. In den meisten Ländern ist die Zahl der Neuerkrankungen jedoch seit Anfang April rückläufig. Auf nationaler und europäischer Ebene wurden beispiellose Maßnahmen zur Begrenzung der Neuinfektionen ergriffen, darunter landesweite Quarantänen, die Schließung der Grenzen zwischen einzelnen Ländern der europäischen Union für nicht notwendige Reisen und die Schließung gro- ßer Teile der Wirtschaft. Seit Ende April haben die Länder des Euroraums begonnen, diese Maßnahmen schrittweise wieder zurückzunehmen. Immer wieder regional aufflam- mende Neuinfektionscluster zeigen jedoch, dass sich der Weg zurück in die Normalität als langwierig herausstellt. All diese Maßnahmen haben die Wirtschaft stark belastet. In vielen der größten Volkswirtschaften des Euroraums wurde der direkte Produktionsrückgang während der Sperrzeiten gegenüber normalen Aktivitätsperioden auf 25 % bis 30 % geschätzt. Der Dienstleistungssektor, insbesondere der Tou- rismus, war am stärksten betroffen. Auch das verarbeitende Gewerbe und die Bautätigkeit litten unter den Beschränkun- gen. Infolgedessen betrug das Wirtschaftswachstum in der Eurozone im Quartalsvergleich im ersten Quartal –3,6 % und im zweiten Quartal –12,1 % – der größte jemals verzeichnete Rückgang. Angesichts der massiven wirtschaftlichen Aus- wirkungen reagierte die europäische Zentralbank mit einem neuen Anleihekaufprogramm. Gleichzeitig wurden neue län-

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