Jahresfinanzbericht 2020

2 8  LAGEBER I CHT 2 0 2 0 Schätzungen zufolge lag der direkte Produktionsrückgang während des Lockdowns in vielen der größten Volkswirt- schaften des Euroraums gegenüber normalen Perioden bei –25 % bis –30 %. Am stärksten betroffen war der Dienstleis- tungssektor, insbesondere der Tourismus. Auch das verar- beitende Gewerbe und die Bautätigkeit litten unter den Beschränkungen. Infolgedessen betrug das Wirtschafts- wachstum in der Eurozone im Quartalsvergleich im ersten Quartal –3,7 % und im zweiten sogar –11,7 %, der größte jemals verzeichnete Rückgang. Angesichts der massiven wirtschaftlichen Auswirkungen reagierte die europäische Zentralbank mit einem neuen Anleihenankaufprogramm. Gleichzeitig wurden neue längerfristige Refinanzierungs- möglichkeiten für Banken geschaffen. Zudem beschlossen einzelne Länder ausgedehnte fiskalpolitische Maßnahmen wie zum Beispiel Kurzarbeitsprogramme, höhere Gesund- heitsausgaben, Einkommensunterstützung für Haushalte, Steuerstundungen, öffentliche Kredite und Kreditgarantien. In Erwartung steigender Staatsverschuldung, und damit ein- hergehend einem Anstieg des Risikos einer Staatsschulden- krise, einigten sich die Staats- und Regierungschefs der EU auf einen Hilfs-Fonds, welcher ein EUR 750 Mrd. schweres Programm aus Zuschüssen und Krediten umfasst, um ge- rade die gefährdetsten Länder wie zum Beispiel Italien, Spa- nien, aber auch Frankreich zu unterstützen. Dank rückläufiger Infektionszahlen im Sommer, aber auch durch die diversen Unterstützungsmaßnahmen setzte im dritten Quartal eine massive Erholung der Wirtschaft ein (+12,5 %), welche aber im Herbst durch einen erneuten Anstieg der In- fektionszahlen abrupt gestoppt wurde. Aktien- und Rentenmärkte Mit der starken Ausbreitung des COVID-19-Virus in Europa und den USA und dem Inkrafttreten der ersten Ausgangs- sperren reagierten die Märkte dramatisch: Aktien und an- dere risikoreichere Anlagen fielen binnen kurzer Zeit schein- bar ins Bodenlose. So gaben der DAX und der EURO STOXX 50 zeitweise um mehr als 40 % nach. Der S&P 500 verlor vorübergehend über 35 %. Dank der weltweit expan- siven Zentralbanken und der Wirksamkeit der getroffenen Eindämmungsmaßnahmen konnten sich die Aktienmärkte rasch wieder erholen und teilweise neue Höchststände er- reichen. Das Jahr beendete der EURO STOXX 50 bei –5,1 %, der DAX bei +3,5 % und der S&P 500 sogar bei +16,3 %. Am Anleihenmarkt waren sichere Veranlagungen gesucht. So sanken die Renditen von zehnjährigen deutschen Bun- desanleihen von –0,19 % zu Jahresbeginn zwischenzeitlich auf unter –0,9 % und markierten somit ein neues Allzeittief. Schlussendlich lag das absolute Niveau bei –0,57 %. Auf- grund des vergleichsweise höheren Ausgangsniveaus von 1,92 % am Jahresanfang und der raschen Zinssenkungen der FED gaben die Renditen der zehnjährigen US-Treasuries mit zeitweise bis zu –1,37 % noch deutlicher nach. In der zweiten Hälfte des Jahres stiegen die Renditen wieder leicht an und beendeten das Jahr bei etwas über 0,91 %. Rohstoffe und Währungen Aufgrund der sehr expansiven Zinspolitik der FED gab der US-Dollar gegenüber den anderen Hauptwährungen deut- lich nach. Im Jahresverlauf verlor der Greenback zum japa- nischen Yen 4,9 % und zum Euro 8,9 %. Angesichts der Unsicherheiten rund um den Brexit büßte auch das britische Pfund gegenüber dem Euro mehr als 5,3 % ein. Aufgrund des enormen Nachfragerückgangs in der Lock- down-Phase und Uneinigkeiten zwischen den erdölexportie- renden Ländern hinsichtlich der Fördermengen verfiel der Ölpreis in noch nie da gewesenem Umfang: Die Sorte WTI handelte kurzzeitig wegen überfüllter Lager mit negativen Preisen von bis zu –40 USD pro Barrel. Der Preis der Nord- seesorte BRENT gab um über 50 USD auf 20 USD pro Bar- rel nach. Bis zum Ende des Jahres entspannte sich die Lage und der Preis der Nordseesorte BRENT stieg wieder auf über 51 USD pro Barrel an. Der Goldpreis legte mit +25,1 % deutlich zu. Österreich Nach Italien war Österreich eines der ersten von COVID-19 betroffenen Länder Europas. Die österreichischen Behörden reagierten rasch: Schulen und Universitäten wurden ge- schlossen, öffentliche Veranstaltungen untersagt und Be- triebsbeschränkungen für viele Unternehmenssektoren ausgesprochen. Gleichzeitig wurden staatliche Unterstüt- zungen für Unternehmen und Haushalte wie Liquiditätsun- terstützungen, Steuerstundungen, Kreditgarantien und das Kurzarbeitsprogramm beschlossen. Die Ausbreitung des Vi- rus konnte eingedämmt werden und erste Lockerungen wurden ausgesprochen. Nach einem deutlichen Rückgang im ersten und zweiten Quartal von –2,8 % beziehungsweise –11,6 % konnte sich die österreichische Wirtschaft über die Sommermonate hinweg wieder rasch erholen und legte im dritten Quartal um 12 % zu. Die zweite Infektionswelle führte jedoch wieder zu einem starken Konjunktureinbruch. Durch den massiven Einsatz von Kurzarbeit blieben größere Span- nungen am Arbeitsmarkt aus. Die Arbeitslosenquote stieg im Vergleich zum Vorjahr vergleichsweise moderat an und erreichte per Ende November 5,2 %.

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