Jahresfinanzbericht 2013

Wie und ob Computer unsere Privatheit zerstören und warum soziale Netzwerke zur Risikominimierung he- rangezogen werden. Ein Gespräch mit der Grazer Wis- senschaftlerin Dr. Elisabeth Hödl. Führende Schriftsteller haben unlängst „digitale Menschenrechte“ gefordert. Gibt es in der digi- talen Welt keine Menschenrechte? Diese Schriftsteller aus immerhin 83 Ländern wollen damit aufzeigen, dass Computer unser Leben be- stimmen. Das Ziel ist eine Erweiterung bestehender Menschenrechte. Angesichts der Ereignisse im letzten Jahr ist das aus meiner Sicht ein notwendiger Prozess. Das sogenannte „Recht auf Vergessen“ wurde von Datenschützern massiv reklamiert. Kann sich das Internet ohne ein derartiges Recht überhaupt wei- terentwickeln? Nein, wenngleich Privatheit und Anonymität zwei Sei- ten einer Medaille sind. Es ist eine erweiterte Form des bisher schon bestehenden Rechts auf Löschung im Datenschutz. Und darauf läuft vieles in der heutigen Gesellschaft hinaus. Auf das „Unsichtbar-Werden- Können“. Wovor haben Sie mehr Angst. Vor missbräuchlicher Verwendung Ihrer Daten oder vor einem Einbre- cher, der in Ihre Privatsphäre eindringt? Beides ist Einbruch in die Privatsphäre. Bei Daten- missbrauch benutzt der Einbrecher Ihre Identität, um kriminelle Handlungen in Ihrem Namen zu begehen. Beides ist eine massive Verletzung Ihrer Privatsphäre. Ich ordne dem Daten-Einbrecher in der Zukunft mehr Bedeutung zu. Können sich die sozialen Netzwerke überhaupt noch weiterentwickeln? Wird das Vergessen der Daten nicht für die weitere Nutzung dieser Platt- formen relevant werden? Viele Firmen erkennen noch nicht, dass Datenschutz kein Hemmschuh ist, sondern gut fürs Geschäft. Men- schen haben seit Jahrhunderten das Geheimnis vertei- digt. Mit Flüstern, in der Dunkelheit, mit Umschlägen, geschlossenen Türen, geheimen Handzeichen und Ku- rieren. Und sie werden es weiterhin tun. Die sozialen Netzwerke reagieren bereits darauf. Banken beginnen Daten aus sozialen Netzwerken für Bonitätsbewertungen heranzuziehen. Lassen sich daraus wirklich Rückschlüsse auf die Bonität ziehen? Der Prozess ist nichts anderes als eine Wahrschein- lichkeitsanalyse. Man geht davon aus, dass sich ein Mensch in der Zukunft so verhält wie in der Vergan- genheit. Das Ziel ist die risikofreie Gesellschaft, was vor allem für die Kreditwirtschaft ein Thema ist. Für den Einzelnen heißt das allerdings: Gedanken sind frei, aber wie lange noch? Gedanken sind frei – aber wie lange noch? Dr. Elisabeth Hödl ist Juristin mit Schwerpunkt IT-Recht sowie Datenschutz, mehrfach ausgezeichnete Wissenschaftlerin und Autorin. Neben ihrer Tätigkeit als Chief Scientific Officer bei einem Beratungsunternehmen lehrt und forscht sie an der Universität Graz, wo sie sich gerade im Themenbereich ubiquitous computing, RFID und smart objects habilitiert. 3 4 K omm e n ta r

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